Wir hatten gerade unser „reichhaltiges“ Inklusiv-Frühstück verputzt, als uns der Nachtbus am Montagmorgen wieder wohlbehalten in Cuzco ausspuckte. Die Innenstadt war mit dem Taxi schnell erreicht und hatte die uns vertrauten Merkmale, den „Plaza de Armas“, „Simon Bolivar Av“, sowie eine „Calle Atahualpa“, die wir bislang in allen (!) südamerikanischen Städten vorfanden, in gewohnter Weise zu bieten. Ein zentrumsnahes Hotel fand sogleich unseren Zuschlag, auch wenn das Duschwasser mal wieder mehr „aqua“ als „caliente“, sprich nicht warm, war. Cuzcos Stadtkern ist eine wunderschöne Kombination aus ehrwürdigen alten Kirchen, schön restaurierten Häusern kolonialer Prägung und einem wunderbar gepflegten Hauptplatz.
Das Herzstück des peruanischen Tourismus gibt sich große Mühe seine, vor allem westlichen Gäste, keinem allzu großen Kulturschock auszuliefern. Ein wenig spielen hierbei allerdings nicht die Akteure auf den Straßen mit. Denn die Restaurant-Anwerber sind hier noch eine Spur aufdringlicher, die Anzahl angebotener Massagen („Con feliz final ?!“ J ) noch zahlreicher und auch das Angebot an Drogen aller Art auffallend hoch. So erkundeten wir am Montag und Dienstag die Stadt zu Fuß und verglichen die zahlreichen Angebote der Tourenanbieter für unser Hauptziel, den Besuch der weltberühmten Inkastätte „Machu Picchu“. Kulinarisch verfielen wir wieder ein wenig in heimatliche Vorlieben zurück. Aber das Angebot eines „Triple-Bacons“ bei Mc Donalds für umgerechnet weniger als 1,50€ war für uns nicht auszuschlagen.
Mittwochmorgen, 7h, ging es am Trefffpunkt unseres ausgewählten Tour-Anbieters los. Eine bunte Heerschar dieses Globus hatte sich mit Teilnehmern aus Irland, Spanien, Frankreich, Albanien, Kanada und Deutschland im Transporter eingefunden. Die üblichen Backpacker-Angelegenheiten (Herkunft, abgereiste & anvisierte Ziele, Eigenarten diverser Unterkünfte, etc.) waren schnell ausgetauscht und wir bereit für den Programmpunkt des Tages: Mit dem Fahrrad sollte der erste Teilabschnitt unseres Andenpasses bewältigt werden. Während wir uns bislang in Südamerika durchaus guten Wetters erfreuen, spielt dieses so gar nicht mit sobald unsere Hintern Radsattel unter sich haben. So waren wir aufgrund des anhaltenden Regens innerhalb weniger Minuten komplett durchnässt. Den Spaß ließen wir uns allerdings nicht nehmen! Und dieser war an jeder Wasserüberspülten Straßenstelle besonders groß, wenn die Teilnehmer die einstürzenden Fluten mehr oder weniger souverän auf ihrem Fahrrad oder auch umgekehrt, überquerten.
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Ähmmmm, ja dat ist der Tobi! |
Nach zwei Stunden mussten wir dem Wetter allerdings Tribut zollen und die Radabfahrt beenden. Trockenplätze im Hostel und Zeitungen im Kiosk für die Schuhe, waren an diesem Abend heiß begehrt, um die Klamotten für den morgigen Tag wieder angenehm nutzbar zu machen.
Um 6.30h brachen wir am Folgetag bereits auf. Die längste Wanderetappe lag vor uns. Auf zum Teil engen und hohen Wegen erklommen wir die Höhen alter Inka-Pfade, was besonders einer irischen Teilnehmerin ein wenig an in die Nieren ging. Unseren Reiseführer Silvio brachte sie damit ein ums andere mal ins schwitzen, wenn er und die Gruppe sie wiederholt von der bewältigbarkeit diverser Hindernisse (Engen, Höhen, kleine Brücken ohne Geländer) überzeugen mussten. Der Rest der Wanderer hatte eher mit der Tatsache, dass das was Silvio als „peruanisch flach“ ausgegeben hatte, in Wahrheit anstrengende Höhenunterschiede auf der kompletten Strecke waren. So keuchten wir unter lautem, fast hypnotischem Gezirpe der Heuschrecken durch die Botanik, die immer tropischer wurde. Pausen, die bevorzugt auf dem Gelände eines Bergbewohners stattfanden, der sein Anwesen mitten in den Reiseweg gelegt hatte (geschickt, wenn man Getränke verkaufen will…), waren willkommene Abwechslungen.
Hier kamen wir dann auch zum ersten Mal mit dem Koka-Ritual in Kontakt, das hier alle Bewohner selbstverständlich praktizieren. Auch wenn die Kokablätter Grundbestandteil der namensähnlichen Droge Kokain sind, so hat dieser Gebrauch wenig Verbotenes an sich. Wir folgten den Erklärungen unseres Guides, nahmen etwa 15 getrocknete „Koka-Lips“ und etwas Asche in den Mund und speichelten alles in einer Backentasche ein bis es ein Klumpen wurde. Mit diesem in der Backe laufen die Einheimischen oft den ganzen Tag herum. Die abgesonderten Stoffe sollen Kraft geben, das Hungergefühl unterdrücken, vor Kälte schützen und auch noch gegen die Höhenkrankheit wirken. Am Mittag kehrten wir wieder in einem Gasthaus (Bitte hier ja kein deutsches Restaurant oder dergleichen vor dem geistigen Auge haben!) ein und Genossen danach die Vorzüge der zahlreichen Hängematten. Nur schwer lösten wir uns zur letzten Etappe aus diesen heraus. Wir wanderten nun wieder Eben, parallel zu einem Flussbett, bei dem man bei genauerer Betrachtung noch Reste einer alten Schienenverbindung und Tunnel erkennen konnte. Tatsächlich handelte es sich hierbei um den Streckenverlauf der alten Zugroute zum Macchu Picchu, die ein Hochwasser aber vor Jahren regelrecht geschluckt hatte. Den Fluss überquerten wir schließlich in einer Gondel.
Und wer von seiner Reiseleitung vorab richtig informiert wurde (Wir nicht…) hatte eine Badehose dabei und konnte sich danach in den heißen Quellen vor Ort niederlassen.
Wir verbrachten auch die zweite Nacht mit unseren Begleitern Mike (Kanada) und Candido (Spanien) im Schlafraum. Beide sind sehr angenehme Zeitgenossen. Doch während es Mike heute vorzog seiner Sucht nach Inka-Cola zu entfliehen, sollte die Nacht für Tobi, Candito und mich länger als gedacht werden. Reihum legten wir Bier um Bier nach. Aber auf das vermeintliche „one second last one…“ wollte und wollte keine letzte Runde folgen…
Mike hatte zum Glück als Einziger den Wecker auf die korrekte Uhrzeit gestellt. Ich hatte wenigstens so was wie 9h eingegeben, was eben so falsch war mit das Nichtstellen der anderen… Wir konnten nicht gerade behaupten uns olympisch an diesem Morgen zu fühlen. Zeitnot, Erinnerungslücken und das Suchen von Gegenständen taten ihr übriges. Candido, ich und ein paar andere der Gruppe hatten uns heute Morgen für die „Zip-Line“ angemeldet und waren somit geistig und körperlich bestens präpariert, um alsbald in schwindelerregenden Höhen über einer Schlucht zu hängen. Nach der Einweisung vor Ort, stapften etwa 30 Wagemutige den Weg zur ersten Absprungplattform hoch. Für 30$ durfte man sich dann via eingehängter Rollkonstruktion –in einem Hüftgurt hängend- über sechs Stahlseile quer über eine Schlucht bewegen. Meine vorhandenen Sicherheitskenntnisse über solche Konstruktionen war der aufkommenden Nervosität nicht gerade dienlich. Und da dies wohl auch anderen in der Schlange vor mir so ging war ich plötzlich der Zweite, der sich über Höhen von bis zu 150m (!) hangeln durfte. Die Konstruktion der Zip-Line nahm an manchen Stellen ziemlich stark Fahrt auf und Bremsen konnte man nur mit Handschuhen am Stahlkabel. Es machte wirklich einen Höllenspaß –da vergaß ich schon mal, dass eine solche Anlage in Deutschland nie eine Zulassung bekommen würde.
Nachdem alle heile wieder unten waren, stießen wir wieder zu den anderen Gruppen. Diese war den Vormittag bei brütender Hitze zum Treffpunkt gewandert und saß bereits am Mittagessen. Entlang der Bahnstrecke wanderten wir die letzten 3 Stunden durch den Machu-Picchu-Nationalpark. Immer an den Schienen entlang, umsäumt von der urwaldnahen Pflanzenwelt und großen bunten Schmetterlingen. Bis wir schließlich im Ort Agua Caliente ankamen.
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Agua Caliente |
Vor uns tat sich ein Tourismusort auf, der mit einigen Abstrichen auch optisch den schweizer Alpen entstammen könnte. Wuchtige Hotelkomplexe und Restaurants mit allerlei westlichen Gerichten überall. Drinnen der wohlbetuchte Pauschaltourist aus Europa, Asien und den USA. Dieser Ort wurde seinem Namen (übersetzt „warmes Wasser“) allerdings nicht gerecht, so dass schon wieder kalt duschen angesagt war. Dann bald zu Bette, in aller Frühe sollte es am kommenden Morgen los gehen zur Inkastätte.