"Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen"

Johann Wolfgang von Goethe

Dienstag, 29. November 2011

Salar de Uyuni: BERICHT

Als wir den Bus in Uyuni verließen, dachten wir beide das Selbe: “Jetzt müssten hier nur noch ein Strohballen vom Wind getrieben durch die Straßen wehen“. So verlassen erschien alles. Unser erstes Hostel hatte dicht gemacht, das zweite nur Mehrfachbetten und keine Schließfächer. So suchten und fanden wir ein anderes bei brennender Hitze. Für 2,50€ pro Person und Nacht bezogen wir unser Zimmer.
 Zwei Tage später befanden wir uns mit: Einer Französin, einer Dänin, einem Spanier, einer Schwedin und einer Holländerin in einem Jeep um in die „Salar de Uyuni“, die größte Salzwüste der Erde, zu fahren und drei interessante Tage zu verbringen. 


Da lies er ihn einfach fallen...
Zuerst besuchten wir einen alten Zugfriedhof, in welchem man unzählige alte, zum Teil ausgeschlachtete Lokomotiven und Wagons begutachten kann. In einem Salzhotel machten wir einen Stopp, schossen lustige Bilder und aßen zu Mittag. Nächster Halt war eine Kakteeninsel in mitten der weißen Salzlandschaft. Hier gab es Meterhohe und tausende von Jahre alte Kakteen und  eine tolle Aussicht über die Wüste. Anschließend steuerten wir unsere Bleibe für die Nacht an. Auch ein Hotel, dessen Mauern und Säulen im Essenssaal aus Salz waren. Am nächsten Tag, es war Mittwoch und 5:30 Uhr erlebten wir wie es aussieht wenn in einer Salzwüste die Sonne aufgeht. Vorbei am Schneebedeckten Vulkan Ollagüe erreichten wir zwei größere Seen an denen unzählige Flamingos ihr Zuhause hatten.

http://youtu.be/lQ0sGyC5pbM
Dreierlei Arten gab es zu bestaunen. Gleich neben dem See gab es in einem Restaurant unser Mittagessen. Nächste Station: „Piedra de Arbol“, ehe wir die „rote Lagune“ sahen. Eine Lagune welche durch diverse Mineralien ein rotgefärbtes Wasser hat. 

"Piedra de Arbol"


An unserem letzten Tag,  um ging der Wecker bereits um 4:00 Uhr. Pünktlichst um 4:30 Uhr saßen wir dann alle zusammen im kalten Wagen und steuerten die Geysire und heiße „Lavaquellen“ an.  Danach gab es Frühstück und ein Bad in den „Aquas termales“. Auf dem Weg zur Grenze fuhren wir noch an einer grüne Lagune vorbei, welche heute durch ausbleibenden Wind, keine Lust hatte, grün zu sein. Angekommen am Grenzübergang; viel zu früh!!!!, warteten wir 55 Minuten ehe unser Bus zur Abfahrt bereit stand. 

Die gesamte Truppe
Am Kontrollposten auf chilenischer Seite kam man sich dann vor wie am Flughafen. Das Gepäck wurde mit Hilfe eines großen Scanners durchleuchtet und nach Kokablättern, zu vielen Dollar Scheinen sowie nach Lebensmitteln durchsucht. Da sich jeder unseres Busses an die Vorgaben hielt, hieß es wenige Minuten später „Ade billiges Bolivien, hallo Chile, hallo San Pedro de Atacama“.

Salar de Uyuni: BILDER

Der Eisenbahnfriedhof bei Uyuni


"Hoch hinauf!"

Auf einer Kakteeninsel mitten im "Salzmeer"



Unser Salzhotel; mit Salzsäulen, für eine Nacht



"Ja, nun hab ich Sie alle drauf!"



Heiße Lavaquellen

Noch mehr Flamingos

Die "rote Lagune"

Sonnenaufgang "Aqua Termales" mit unserem Spanier "Ignacio"

Sonntag, 27. November 2011

Cochabamba - Sucre - Potosi: BERICHT

Als wir gegen Abend Cochabamba und unser Hostel erreichten, hieß es erst mal „Essensbeschaffung“. Doch die Läden gaben außer Wasser nicht viel her. Gut, morgen vor dem Besuch beim „sozialen Projekt“ eben ausreichend frühstücken. Der Wecker ging um 6:30Uhr und nach einer Irrreise ließen wir uns mit dem Taxi zum Treffpunkt fahren. Und Frühstück? Ähhhm ja, wenn halt noch nichts offen hat… Also hungrig zum Projekt.
Das „Proyecto Horizonte“ im Stadtteil Ushpa-Ushpa in Cochabamaba gründete dort seit Ende 2004 eine Kindertagesstätte. Durch eine visionäre Konzeption und die Unterstützung diverser Spender war es bald darauf möglich neben der Kindertagesstätte auch noch eine Schule für etwa 600 Kinder und ein Gesundheitszentrum einzurichten.
Wie viele andere Stadtteile in Boliviens Großstädten, so entstand auch Ushpa-Ushpa als illegale Siedlung, die nur schwer offizielle Anerkennung zum Stadtgebiet erlangt. Infrastruktur, medizinische Versorgung und Bildungsangebote sind in diesen Ortschaften kaum vorhanden. Die Bevölkerungsstruktur entstammt hauptsächlich ehemaligen Mienenarbeitern aus dem Umland und die Menschen sind zumeist verarmt. Dennoch bringt es jede Familie im Schnitt auf 4- 6 Kinder.
Die Arbeit und den Nutzen des „Proyecto Horizonte“ für die Gemeinschaft von Ushpa-Ushpa konnten wir vor Ort hautnah mit erleben. Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, kann sich unter: http://www.ushpa-ushpa.com informieren. Wer ebenso von der Arbeit der Organisation angetan ist, kann deren Arbeit auch gerne in Form einer finanziellen Spende unterstützen!
Mit dem Truffi fuhren wir nun zum Mittagessen.  Jorge wollte dass wir uns melden, damit wir mit ihm, seiner Mutter und seiner Schwester zu Mittagessen konnten. Es gab eine leckere Suppe und Fisch mit Kartoffeln „Estuvo muy rico!“. Bei strahlendem Sonnenschein gingen wir danach Richtung Innenstadt und verbrachten dort unsere Zeit. Am Mittwoch kauften wir zu allererst unsere Bustickets nach Potosì. Danach schlenderten wir über einen Markt und konnten wiedermal aufs Neue bestaunen wie Massen an Kartoffeln, unterschiedliches an Elektronik genauso an die Frau / den Mann gebracht werden sollte, wie unzählige Hühner oder anderes Getier in engen Käfigen. 


Das verkaufte Huhn wurden am Hals gepackt und Kopfüber in einen Sack geschmissen, wo schon einige andere auf es warteten. Nach einem Besuch im Kloster der Stadt mit Blick über Cochabamba, aßen wir noch zu Abend und gingen dann zum Busterminal. Man kam sich hier in der Empfangs- und Verkaufshalle vor wie auf einem Markt mit unzähligen Marktschreiern. Jeder bewarb seinen Bus, dazu etliche Getränkeverkäufer, Bettler und Unmengen an Reisenden. Im Bus wurde dann auch wieder einmal alles transportiert und verstaut was nur ging. Es machte den Anschein als würde sich eine ganze Boutique, oder zumindest Schaufensterpuppen samt Verkäufer, mit uns auf den Weg nach Sucre machen. So saßen wir im Bus, mit lauter  Handymusik, schreienden Kindern und Puppen und machten bereits nach 10 Minuten den ersten Halt. Angekommen in Sucre ging es dann mit dem Taxi zum Hostel. Wer wie wir bereits Arequipa/Peru und viele andere Städte mit Kolonialbaustil gesehen hat, ist von Sucre nun nicht so begeistert… Eine schöne Stadt, gemütlich, zum entspannen und gut. Potosì, unsere nächste Station, sollte da mit ihren Mienen schon eine größere Attraktion sein. Wir wählten ein Backpackerhostel und buchten auch gleich unsere Mienentour für den nächsten Tag.
Mit einem Kleinbus und einem Fahrer der entweder getrunken hatte oder heute seine ersten Fahrstunde mit uns hatte, ging es erst zum einkaufen. 

Von Bier über Dynamite gab es hier alles!!
Normalerweise kauft man für die Mienenarbeiter: Handschuhe, Kokablätter und Saft. Doch da heute Samstag war und die meisten Mienenarbeiter nur Montag bis Freitag arbeiteten, kauften wir Bier und für unseren eigenen Spaß, Dynamit (Ja, das ist hier frei erhältlich!). „Bewaffnet“ fuhren wir zum Mieneneingang und zur dortigen Bevölkerung. Während die einen draußen Informationen erhielten, wurde ich (Tobi) mit einem Franzosen zusammen, in ein Haus gewunken indem wir mit zwei Mienenarbeitern und Bier anstießen. Wir hatten Glück, denn trotz Samstag und einem „Trinkgelage“ am Freitag, gab es Arbeiter in der Miene.
So liefen wir in geduckter Haltung ins Innere und sahen welchen Umständen ein Arbeiter hier ausgesetzt ist. Staubige Luft, dazu enge niedrige Gänge und nur vereinzelt Neonlicht. Durch einen engen Schacht gelangten wir zur „Arbeiterklasse“. Hier waren zwei am Werke. Der dicke „Don Pedro“ und ein Zuarbeiter. „Don Pedro“ als Chef verdient hier in der Miene ungefähr 15 € im Monat. 


Wieder gab man eine Dose Bier ab und stoß mit Ihnen an. Dann wurde GESPRENGT. In einem abgelegenen Teil der Miene, setzten wir uns zusammen und gaben den gekauften Sprengstoff an unseren Führer „Choco“ ab. In kürzester Zeit bastelte er drei Sprengsätze. Ein „Kind“, die „Familie“ und den „Meister“. Genau in dieser Reihenfolge sollten sie gezündet werden und bereits beim „Kind“ merkte man welche eine Kraft und welch eine Druckwelle eine einzelne Dynamitstange hat. 

Wenn das Geld ausgeht....
Beim Verlassen der Miene gab man übriges Bier, Kokablätter und Zündschnüre an die Arbeiter ab und fuhr zurück ins Hostel. Dort verabredeten wir uns mit „Choco“ nach einer Dusche noch in die Stadt zu gehen und gemütlich ein paar „Potosina“ zu trinken. Wir landeten in einer „Trinkhalle“ in die sich ein Normalsterblicher Tourist wohl nie verlaufen hätte. Durch einen schmalen Gang gelang man in die Halle. An jedem Tisch, egal ob an diesem zwei, drei oder acht Leute saßen, standen zwei 1,1 Liter Potosina Bierflaschen; nichts Besonderes in dieser Region, hier werden immer zwei Flaschen bestellt. Nachdem wir „Pique a la Macho“ gegessen hatten, verabschiedete sich Philip und ließ mich mit Choco zurück. Dieser wusste da bereits wie unser Abend verlaufen wird. „Wenn wir leer haben fahren wir zu den Mienern und trinken dort weiter!“ „Super Idee!“. Als wir aus dem Taxi stiegen wusste ich nicht wo hier nun eine Party oder ein Trinkgelage sein sollte. Doch wieder für unwissende unauffindbar, versteckte sich die Mienerbar hinter einem  großen Stahltor. Nach einem bestimmten Klopfzeichen wurde uns das Tor geöffnet und nachdem ich vorgestellt wurde, mit „Heil H….“ begrüßt. Man sieht es hier nicht so eng mit Hitler, Osama Bin Laden und Co.! Denn bereits am Vormittag in der Miene konnte es Choco nicht oft genug sagen, wie „geil“ er Bin Laden findet, Sprengmeister sind und er gegen „Gringolandia“  (die USA) ist. Aber zurück in die Minerbar; im kleinen Raum, viele kleine Tische mit betrunkenen Mienern, im angrenzenden, ein riesen Tisch und drum herum bestimmt 25 Arbeiter. An den kleinen Tischen standen entweder zwei Flaschen Bier oder zwei Flaschen des 96%igen Schnapses. Aber ich kann Euch beruhigen, zumindest entgegen unseren Vorinformationen wurde dieser hier nicht pur getrunken sondern mit Sprite gemischt.“So“ harte Trinker sind die dann doch nicht. Laute Musik, dazu immer wieder Handgreiflichkeiten zwischen den Bedienungen (welche hier Cholitas waren) und betrunkenen Mienern, waren an der Tagesordnung. War es doch Brauch und dass wurde mir sofort gesagt und gezeigt, sich nicht selbst nachzuschenken wenn sein Bierglas leer war. Nein, man haute mit dem Glas drei-, viermal auf den Tisch bis die Cholita kam und ließ sich und den anderen (wenn deren Glas auch leer waren) nachschenken. Und im selben Moment, wenn sich die Cholita dann umdreht, versucht man dann deren Rock zu lupfen, was bei unserem Trinkkumpanen eine blutige Nase ergab. Aus diesem Grund prallten alle Animierversuche an mir ab und ich beließ es beim „Glas auf den Tisch hauen“. Die Leute um mich herum, inkl. Mir, wurden immer betrunkener, die Luft immer stickiger, die Sause immer ausgelassener. Irgendwann zog einer unserer Tischtrinker Karten und forderte mit einem anderen Mienenarbeiter,  Choco und mich heraus. Da die 1,1 Literflasche „nichts“ kostete, zumindest wenn man es in Euro umrechnet, ließ ich mich darauf ein. Mit einem Sieg in der Tasche verließen wir nach knapp 2,5 Stunden die Mienenbar. Ich fiel ins Bett und erwachte wieder rechtzeitig zum Frühstück am nächsten Tag.

Cochabamba - Sucre - Potosi: BILDER

Verkaufsstände auf dem Markt von Cochabamba

Eier und kein Ende... Wir hatten uns schon ausgerechnet, wie "teuer" ein Sprung in einen Stapel wäre :-p


Kartoffeln -und auch kein Ende...


German (&) Dynamite

1 Tonne Rohmaterial aus der Miene.

Zum Teil war es doch recht eng in der Miene.

Gemütliche Bier-Runde mit den Mienenarbeitern.

Unser Guide "Choco" und das gute Dynamit.

Freitag, 18. November 2011

La Paz: BERICHT


Nach 3,5 stündiger Fahrt von Copacabana erreichten wir El Alto, die vorgelagerte Stadt von La Paz. Das rege Treiben auf den Straßen machte ein Durchkommen kaum möglich. Meter für Meter quälte sich unser Bus an den Hang nach La Paz heran. La Paz, die Hauptstadt Boliviens, einem Land ohne einen Mc Donalds. Als wir schließlich die Serpentine abwärts runterfuhren, offenbarte sich uns ein atemberaubender Anblick. Die nahende Dämmerung tauchte die schier unendliche Weite des Häusermeeres, neben den dominierenden Ziegel- und Backsteingebäuden, in einen seichten Rotschimmer. Am Busbahnhof ankommen, hatten wir alsbald auch Curd erreicht, der uns den Treffpunkt durchgab. Per Taxi stürzten wir uns in den Feierabendverkehr der Stadt. Der Fahrer versicherte sich ob unseres Zielortes vorab nochmals, ob wir die Summe von 30 Bolivianos (Umrechnung ca. durch 11) auch wirklich bezahlen konnten… Der Verkehr in La Paz übertraf alle unsere bisherigen Eindrücke. Dieses Schauspiel sollte sich in den kommenden Tagen immer wieder wiederholen. Ebenso wie die Versicherung, dass das so natürlich nicht gewöhnlich sei.
Jacky, Lorena und Curd empfingen uns, wie vereinbart am Treffpunkt. Ein herzliches Hallo, schnell das Gepäck in die Wohnung von Lorena und Mario gebracht, der später auch dazu stieß und ab zum gemeinsamen Abendessen. Das „Dumbo“, das in Aufmachung und Ausstattung an die berühmte Disney-Figur angelehnt ist, war eine bessere Wahl als es der erste Eindruck erahnen ließ. Rückfragen auf Markenrechte Betreff des Restaurants beendete Mario mit dem Verweis: „Im südamerikanischen Sprachgebrauch gibt es kein Wort für Copyright“ ;-)
Tag 2 in La Paz. Nach dem gemeinsamen Frühstück zogen wir bereits früh los Richtung Stadion, um Karten für den bolivianischen „El Clasico“ Bolivar La Paz gegen „The Strongest“, ebenfalls aus La Paz, zu besorgen. Eine landestypisches Mittagessen in einem besseren Hinterhof, in dem Mann das Fleisch an Haken und auf den Tischen bereit zur Bearbeitung präsentierte, wurde in großen Töpfen Fleisch mit riesigen Maiskörnern (in Deutschland eher als Schweinefutter verwendet) gekocht und in allerlei Varianten aufgetischt. Das Ambiente wurde dem Geschmack allerdings auch hier nicht gerecht: lecker war´s! Pünktlich eine Stunde vor Spielbeginn trafen wir uns wieder am Stadion. Im Gepäck hatten wir eine befreundete Sektion aus Regensburg, mit denen wir uns zum Spiel verabredet hatten. Für umgerechnet ca. 7€ nahmen wir auf der Haupttribüne –mit freier Platzwahl- unsere Wahlsitze im Reihe 1, Oberrang, ein . 

Fankurve "Bolivar"
Beste Sicht auf den, mit großem Feuerwerk aus beiden Kurven untermalten, Einlauf beider Mannschaften. In der Kurve von „The Strongest“ wurde zudem eine riesige, die ganze Kurve bedeckende,  schwarz-gelbe Überrollfahne präsentiert. Über drei Tribünen hallte es „BO-LI-VAR!! Viva Bolivar!!“. Schwarzgelb entgegnete laute „Tigre“-Anfeuerungsrufe, welche aber durch die umgehend zurückhallenden „Culo“- („Arsch“) Schmähungen der blauweißen Bolivar-Anhänger gekontert wurde.
Das Spiel war einmal mehr nicht von hohem Niveau. Viele Spieler zeigten sich im Umgang und Flugeinschätzung des Spielgerätes, eher ungeschickt, was aber zum einen den Spaßfaktor unserseits erhöhte und daraus auch so manches Tor schließlich resultierte. Das Geschehen abseits sollte auch diesmal das eigentliche Highlight sein. Nach früher Führung für Bolivar tobte der gegnerische Co-Trainer so heftig an der Seitenlinie, dass er auf die Tribüne verwiesen wurde. Doch damit nicht genug: Als bereits alle mit dem Pausenpfiff rechneten, gab der Schiedsrichter Handelfmeter für die Heimelf, welche diesen zum 2: 0 verwandelten. Mit Beendigung der ersten Hälfte strömten sämtliche Reporter das Feld um von den vermeintlich benachteiligten sogleich emotionsgeladene Stellungnahmen zu erhalten. Dies toppte gegen Ende der 2. Hälfte nur noch der wahre Übungsleiter von „The Strongest“, als er nach sehenswertem Seitfallzieher zum 3:1 für Bolivar, dermaßen ausrastete, dass sechs (!) Polizisten ihn mit Schild und Knüppel in den Kabinentrakt bringen mussten. „Deckel drauf und gut ist“, dachte sich der Ordnungsdienst, der  daraufhin  die dafür vorgesehene Werbetafel über die Ausgangstreppe schieben wollte. Da hatten sie die Rechnung ohne den gegnerischen Trainer gemacht, der auf den abgehenden Stufen verharrte und mit seinem Körper verhinderte, dass der Werbeschriftzug „Coca“ und „Cola“ die Öffnung verschloss. Da er das Spiel auch so weiterverfolgen wollte, beschimpfte er die Polizisten gefälligst die Sicht freizugeben. Stattdessen bugsierten sie ihn durch einen weiteren Eingriff schließlich in den Kabinentrakt. Wer dachte damit sei das Schauspiel beendet  täuschte sich: An einem der Zugänge, rechts von unseren Haupttribünenplätzen, tauchte er plötzlich wieder auf und wollte das Tor zur Tartanbahn überqueren. Man stelle sich vor wie in Deutschland ein Jupp Heynckes, Felix Magath oder Jürgen Klopp ein solches Schauspiel veranstalten würden..Bis zum Abpfiff war der Innenraum bereits mit vielen Menschen gefüllt, die zum Teil minutenlang an oder besser gesagt auf der Außenlinie auf den Abpfiff warteten. Akkreditierungen für den Innenraum kennt hier wohl ebenso wenig jemand. Als der Schiedsrichter schließlich ein letztes Mal in seine Pfiff blies, stürmte ein ganzer Pulk Menschen den Platz. Das Schiedsrichtergespann wurde am Mittelkreis von der Polizei in Empfang genommen und gemäß altrömischer Schutzformation rundherum durch 17 Polizeischilder beim Verlassen geschlossen abgedeckt. 
  

Marios Team hatte verdient mit 3:1 gewonnen und wir verließen hochamüsiert das Stadion vor dem wir einen weiteren Ausflug in die südamerikanische Delikatessenküche unternahmen: gegrilltes, scharfes Rinderherz vom Straßengrill –que rico!
Die Ereignisse des Abends erschienen unserer Regensburger-/ Stuttgarter-Trinkgemeinschaft im Nachhinein nur noch nebulös. Da die Adresse in meinem Akkuentleerten Handy war, fanden wir den Heimweg nicht mehr und quartierten uns kurzerhand im „Rover Hostel“ der Jungs ein, wo bereits zu viele Schnäpse in uns geflossen waren. Den Weg in die Betten fanden wir allerdings erst über eine weitere Diskothek. Als ich mich dort schließlich erfolglos bis zum Betreiber nach einem Nokia-Ladekabel durchgefragt hatte, traten wir den Rückweg an. Wie ich nachts vom Schlafsaal „W“ in Schlafsaal „K“ kam, dort wie auch immer ein freies Bett fand, morgens allerdings erst mal vergeblich  ob der falschen Örtlichkeit meine sieben Sachen suchte, weiß niemand so genau. So löchrig wie mein  Erinnerungsvermögen offenbarte sich auch der Geldbestand in unseren Taschen. Doch Mike und Micha halfen hier erst mal aus, so dass wir nach Reaktivierung des Handys endlich auch unsere Gastfamilie über unseren Verbleib informieren konnten.
Da wir durch die morgendlichen Unpässlichkeiten die anvisierte Vormittags-Parade in der Stadt verpassten, stand für  heute nur noch der Besuch des „Cholita-Wrestlings“ in El Alto auf dem Programm. Viele Busse diverser Reiseveranstalter auf dem Vorplatz der Halle ließen ein großes Spektakel erahnen. Die Touri-Agenturen hatten die ersten Reihen  komplett mit ihren Kontingenten abgedeckt. Die frenetischen Einheimischen nahmen in der kleinen, Wellblechhalle die hinteren Plätze ein. Bei jedem Kampf offenbarte sich aufs Neue der obligatorische Kampf zwischen gut und böse, gespickt mit meist korrupten Ringrichtern und anderen, in Ringgeschehen eingreifenden Personen. Die Kämpfe in allerlei Geschlechtskonstellationen hatten bis auf wenige Ausnahmen hohen Unterhaltungswert. Und wer die Catcher zu sehr provozierte wurde schneller Teil des Spektakels als ihm lieb war. 


Zuhauf flogen Kämpfer in oder über die Gitter unserer 1.Reihe, verlagerte sich das Geschehen auf die Ränge oder verteilten Akteure Küsse oder Ohrfeigen ans Publikum. Alles in allem hielt der Abend was er versprach. Cholita-Wrestling war in jedem Fall ein sehenswertes Ereignis.
Die folgenden drei Tage (Montag bis Mittwoch) zogen wir mit und ohne Jacky durch La Paz, wo wir auch den Hexenmarkt kreuzten. Hier bekamen wir auch die Lamaföten zu Gesicht, die hier traditionell ins Fundament eines neuen Hauses eingebaut werden und es vor Unheil bewahren sollen. Die Föten gibt’s in nahezu allen Größen zu kaufen und der Anblick ist mehr als gewöhnungsbedürftig!
 In diesen Tagen lernten wir auch Curds (Jackys Lebensgefährten) Familie kennen, tauchten so etwas in die La Pazer Oberschicht ein und erfuhren allerlei über das deutsche Industrievermächtnis in Bolivien. Hierüber berichtete uns besonders Curds Schwager Jorge, wohlsituierter Mienenbesitzer, gerne.
Ansonsten stießen wir in La Paz auf viele uns bereits bekannte, aber immer noch ungewöhnliche Dinge, wie z.B., dass Ladenbetreiber auch beim Zahlen mit kleinen Scheinen stets den Laden verlassen müssen um irgendwo Wechselgeld aufzutreiben. Auch oder vielleicht sogar besonders hier ist der Zustand der meisten Taxen besonders schlecht. Die Motoren laufen sehr unrund, viele Autos haben komplett zerrissene Vorderscheiben und/ oder defekte Spiegel. Ob die allgegenwärtigen Aufschriften, wie „Gott ist mein Führer“ auf den Taxen dies kompensieren ist eher fraglich. Genauso wie der Umstand mit dem ich mich weiterhin kaum anfreunden kann, dass die meisten Mitfahrgelegenheiten keine Sicherheitsgurte haben oder diese ihrer Funktion nicht mehr gerecht werden. In den Tagen von La Paz kam auch noch ein neues Fortbewegungsmittel hinzu: der „Truffy“. Hierbei handelt es sich um Kombi-PKWs, die auf einer vorgegebenen Route verkehren und in die einfach noch eine zusätzliche Sitzbank mehr hinein geschweißt wurde. Egal, wie durch die Stadt kamen wir jederzeit super billig.
Die Straßenzüge von La Paz lehnen sich zum Teil spektakulär an die steilen, steinigen Felswände, die auch inmitten der Stadt stellenweise emporragen. Die surrealen Steingebilde findet man auch etwas vor den Toren der Stadt, wo das „Moon-Valley“ eine wahrlich Mondähnliche Landschaft hingezaubert hat, die wir ebenfalls in diesen Tagen besuchten.


Für den Donnerstag hatten wir uns zur Fahrradtagestour angemeldet. Doch nicht irgendeine Strecke wartete auf uns, sondern die Legendenumwobene „Deathroad –die gefährlichste Straße der Welt“, wie sie besonders die Tourenanbieter gerne nennen. Tatsächlich soll die enge, mit schwindelerregenden Gefällen ohne Geländer versehene Straße, die sich durch die tropisch bewachsenen Hänge der Yungas zieht bis zur Einweihung der Neuroute 2001 jährlich bis zu 300 Menschen das Leben gekostet haben! Auf der schwerübersehbaren Schotterpiste, die auch von einigen Wasserfällen stellenweise überspült wird, muss es auch Alkoholbedingt fast täglich Unfälle gegeben haben. Auch heute nutzen neben den Tourianbietern noch einige Wagemutige oder Unbelehrbare diese Strecke bevorzugt. Dass auch die Nutzung per Fahrrad nicht ohne ist belegen allein 19 verunglückte Radfahrer seit 2001! Doch nicht mal der traditionelle Radfahrer-Regen (4x in SA auf dem Rad, 4x mal patschnass!) wurde uns gefährlich, so dass wir auf der etwa 4-stündigen Abfahrt stets vorne dabei waren und großen Spaß hatten! Im Übrigen konnte ja auch nichts schief gehen, hatten wir uns vorher dem strengen Ritual der Bolivianer unterzogen: Ein paar Tropfen 96%-Schnaps an Mutter Erde, ein paar Tropfen auf die Fahrradreifen und ein paar Tropfen in den Mund. Vom Adrenalin noch nicht genug, zogen wir die erneute Abfahrt an einer Zip-Line (diesmal in bis zu 300m über dem Boden!) dem vermeintlichen Relaxen im von Affen mit Kot besudelten Pool (wie sich vor Ort rausstellte…) vor. 

"Kann es endlich losgehen?"
Der Freitag spendete mir in Form eines Druckers und seines Besitzer erst einmal Freude der besonderen Art. Da ich einige Lernunterlagen ausdrucken musste, durften wir volle 1,5 stunden warten bis das Gerät die 86 Seiten bewältigt hatte. Der Zustand des Dösens war alsbald vorbei, als mir klar wurde warum der Besitzer immer wieder mal gedruckte Exemplare aus dem Drucker abgetragen hatte. Er hatte nicht verstanden, dass ich lediglich die ca. Extrakopien noch dazu wollte, die ich mit seinem Kollegen bereits nebenher erledigt hatte. Nein, er war in der Annahme, dass ich die 86 Seiten noch 20x kopiert haben wollte! Ich staunte also nicht schlecht, als an der Kasse bereits Berge von Papier auf mich warteten! Und dabei hatte Mario ihm vorher noch alles erklärt…
Den Rest des Tages nutzten wir um unseren Klamotten-Bestand etwas zu erneuern. Preise, die selbst KIK zu einer preislichen Edelkette verkommen lassen, hellten unsere Mienen immer wieder auf.
Am Abend wollten wir uns standesgemäß bei unseren sechs Gastgebern verabschieden und führten sie in ein schickes Restaurant mit ordentlichen Fleischspezialitäten aus. Der Umstand, dass man acht Personen im gehobenen Restaurant für umgerechnet 60€ papp satt bekommt, erfreute nicht nur die Reisekasse. Wir verbrachten einen schönen Abend zusammen und bedankten uns bei allen für ihre Gastfreundschaft. Nach einem weiteren, unserem vermeintlich letzten Abend am Samstag, mit Mario bei gemütlicher Kneipenatmosphären, mussten wir die Gastfreundschaft jedoch unverhofft noch einen weiteren Tag in Anspruch nehmen, da die Regelfunktionen meines Körpers sich verweigerten und ich mich der Toilette sehr verbunden fühlen durfte. Einmal mehr kam ich den Genuss jeglicher Zuwendung durch unsere Gastgeber, die am Montag sogar soweit ging, dass Jorge uns mit seinem Privatchauffeur nach Cochabamba fahren ließ!
Wir danken Lorena und Mario für die gegebene Unterkunft und alles was sie für uns getan haben! Jacky und Curd für die Organisation, Rundfahrten, Einladungen und Hilfe, wenn Not am Mann war! Lilian und Jorge für die Gastfreundschaft in ihrem Haus, das leckere Essen und die vielen Geschichten! Allen danken wir für 10 tolle Tage in La Paz!

DANKE fuer eine wunderschoene Zeit in La Paz!
¡Muchas gracias por todo!


La Paz: BILDER

Vulkan "Illimani"


Fankurve von "The Strongest"

Fuehlt er sich nun sicher?

Der höchstgelegene Regierungssitz der Erde mit 896.802 Einwohnern

"Cholita Wrestling"

Der "Hexenmarkt" in La Paz mit Lamafoeten



"Valle de la Luna"
"Death Road"


"ZipLine"